Eine Frage der Pädagogik: das Notebook als Mosaikstein auf dem Weg zu einem besseren Unterricht

Digitales Lernen – so heißt ein spannendes Projekt am Gymnasium Ottobrunn. Wenn die Eltern einverstanden sind, können Schülerinnen und Schüler von der 8. bis zu 10. Klasse den Unterricht in einer sogenannten Notebook-Klasse besuchen. Für die wird dann der Laptop zum wichtigsten Begleiter – egal ob bei der Literaturarbeit oder in Mathe. Das ist ein erheblicher Mehraufwand – für Lehrer, die analoge Inhalte digital umarbeiten müssen, und für die Jugendlichen, die deutlich mehr in Projekten und fächerübergreifend denken und arbeiten.

Dennoch: Laura, Moritz und Jan aus der 10. Klasse würden es wieder tun. So selbstverständlich sie mit den Programmen und der Technik umgehen, haben sie einen klaren Wettbewerbsvorteil gegenüber anderen Gleichaltrigen, denken sie. Und viel Ermutigung und Feedback hatten sie auch beim Lernen, mehr als die „normale“ Parallelklasse.

Auch Rektor Achim Lebert zieht positive Bilanz – mehr noch. Man spürt, dass er mit den Hufen scharrt: Gerne hätte er noch mehr Laptopklassen und auch endlich die Zusage, Prüfungen digital abhalten zu dürfen. Allein – seine entsprechenden Anfragen wurden bisher negativ beschieden.

Individualisierung von Bildung

Seit 2002 bietet das Gymnasium im Münchner Osten dieses Modellprojekt an. Die Schule gilt angesichts der rückwärtsgewandten Bildungspolitik eh schon als progressiv – mit vielen Lernlandschaften, dem „Modell offene Türe“, einer Robotikgruppe und Projektwochen. Das alles seien aber nur kleine Bausteine hin zur Individualisierung des Unterrichts.

„Digitales Lernen allein bringt gar nix“, sagt der Schulleiter: „Digital macht den Unterricht anschaulicher, aber nicht zwangsläufig besser“. Das Ziel dürfe nicht alte Schule mit neuen Medien sein, sondern eine andere, schülerorientierte  Pädagogik.“ Die sei zwar mit digitalen Medien einfacher umzusetzen aber längst kein Automatismus. Lebert ist Realist genug zu wissen, dass diese Reform Jahre dauert.

Hohes Maß an Eigenverantwortung

Es muss nicht immer Hightech sein, in manchem habe man zu Zettel und Stift zurückgefunden. Denn am wichtigsten ist die Interaktion – „reine Materialfriedhöfe“ bringen nichts, nicht analog, nicht digital. Die Angebote müssten gepflegt und aufbereitet werden. Und die LehrerInnen dazu bereit, online erreichbar zu sein. Die SchülerInnen freuen sich über eine schnelle Rückmeldung und fordern diese auch ein, nicht nur am Abend vor einer Schulaufgabe.

Nach zwölf Jahren ist man um einiges klüger. Auch wie mit der „Fremdnutzung“ des PC umzugehen ist oder der Jugendschutz gewährleistet wird. „Der PC ist und bleibt ein Arbeitsgerät“. Missbrauch beugt die Schule vor und vereinbart mit den Schülerinnen und Schülern sowie deren Eltern in einem Vertrag Details zur Nutzung des Rechners. Und es gibt im Vorfeld verpflichtende Workshops für die Interessenten und deren Erziehungsberechtigten, mit dem Ziel, die Medienkompetenz zu stärken, Zehnfingerschreibkurse inklusive.

Für den Rektor sind die Notebook-Klassen nicht mehr wegzudenken aus seiner Schule. Aber sie sind nur ein Mosaikstein auf dem Weg zur schülerzentrierten Pädagogik. Für ihn lautet die Frage: “Wo wollen wir bildungspolitisch hin im 21. Jahrhundert, wohin richten wir uns – in die Vergangenheit oder in die Zukunft?“

Margarete Bause,
Fraktionsvorsitzende von Bündnis 90 / Die Grünen im Bayerischen Landtag

Hinterlasse einen Kommentar